Grosses Haus

Die fünf Leben der Irmgard Keun

Spielzeit 22/23
Schauspiel - Lutz Hübner und Sarah Nemitz

200 Zuschauer drängeln sich durch enge Räume voller Kisten und Kasten, bis sie ein großes Rondell erreichen, das mit weißen Plastikdrehstühlen vollgestellt ist. Das Ganze ist eingekreist von einer hohen Gazewand, vor der rundum ein Gang frei bleibt, auf dem sechs SchauspielerInnen in zwanzig verschiedene Rollen schlüpfen werden. Wir befinden uns auf der großen Drehbühne des Schauspielhauses (Bühne: Andrea Wagner).
Das Stück spielt im Jahr 1977 in einem Kölner WDR-Studio, in dem gerade eine Vorabend-Doku über die einst gefeierte Schriftstellerin Irmgard Keun gedreht wird. Der Regisseur drängt auf Einhaltung von Zeit- und Kostenplan. Zwei Tage Drehzeit sind vorgesehen, da gibt es keinen Raum für unnötige Unterbrechungen. Mitten im Publikum kauert, auf einem der Drehstühle eine scheinbar schlafende ältere Frau. Brüsk aufgeweckt vom Regisseur, steht sie da: Irmgard Keun, die Protagonistin, die die Dreharbeiten besucht (hinreißend gegeben von Claudia Hübbecker). Obwohl die Keun behauptet, sich für ihre Vergangenheit nicht zu interessieren, verreißt sie eine Szene des Filmteams nach der anderen. Die Kaffeehaus-Szene zur Zeit der Weimarer Republik, von der Keun als Stenotypistin, Schauspielerin und erfolgreiche Schriftstellerin durchlebt, nennt sie „dilettantisch, schmalzig und überspannt“. Nach dem Schreibverbot 1933 floh Keun 1936 nach Ostende. Die Darstellung dieser Exil-Zeit beschimpft sie als „verzwergt und verniedlicht“ und denkt darüber nach, „diesen ganzen Mist hier verbieten zu lassen“.
Während die Crew abends nach Hause geht, gelingt es Keun, den Pförtner so zu bezirzen, dass sie im Studio bleiben kann. Reichlich angetrunken, erlebt sie ihre nächsten Lebensphasen als Traum oder Vision. Der Bühnenboden beginnt zu schwanken und Keun landet in den USA, wo der jüdische Arzt Arnold Strauss auf sie wartet, weitere Szenen zurück in Europa folgen. Am Ende dreht sich noch einmal die Bühne, Keun rudert zur Live-Musik davon. Das Projekt ist gescheitert: der Dreh wird abgesagt und in eine vage Zukunft vertagt.
Realität und Fiktion durchmischen sich schon in den Keun‘schen Lebensberichten, und auch das Autorenpaar Lutz Hübner und Sarah Nemitz nehmen für sich in Anspruch, aus der authentischen Figur eine Theaterfigur gemacht zu haben (Text: Christa Fluck).

Christa Fluck

DruckenSpielstätteninfo
Die Termine

Mi

21

Jun

Grosses Haus | 21.06.2023 | 19.30 Uhr - 21.10 Uhr


Info
Die fünf Leben der Irmgard Keun

Spielzeit 22/23
Schauspiel - Lutz Hübner und Sarah Nemitz



Weitere TermineBestellen

Unsere Datenbank wird durchsucht.




Unsere Datenbank wird durchsucht.

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 09.06.2023 19:15 Uhr     © 2023 Theatergemeinde Düsseldorf | Grabenstraße 8 | 40213 Düsseldorf