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Bilder wie Free-Jazz

Julie Mehretu im K21

Der erste Eindruck: Ihre Bilder sind beeindruckend groß, bis zu einer Breite von sieben Meter fünfzig. Aber da sind auch die kleineren Formate – Monotypien, delikate Zeichnungen, Aquarelle. Themen und Machart der Arbeiten von Julie Mehretu faszinieren. Die in Äthopien geborene und in Amerika lebende Künstlerin hat eine aufwändige Einzelausstellung im K 21 – mit der Art:Card geht es bequem zur Entdeckung der in Düsseldorf bisher nicht zu sehenden Künstlerin.

Die Ausstellung gibt einen Überblick über das gesamte Schaffen der derzeit als eine der bedeutendsten Malerinnen weltweit Gefeierten. Mehretu ist 1970 in Addis Abeba geboren, ist im Alter von sieben Jahren mit ihrer Familie vor der damals in Äthiopien herrschenden Militärdiktatur in die USA geflohen, hat dort studiert, lebt derzeit in New York und hat auch einen Wohnsitz in Berlin.

Die Ausstellung im K21 zeigt, wie sich die Kunst von Mehretu entwickelte, von frühen Bildern und Zeichnungen bis zu den jüngsten großen Transpaintings. Sie vereinen Malerei und Skulptur in mitten im Raum stehenden Rahmen mit farbigen Formationen auf transparentem Grund. Ihre besondere Wirkung entfaltet sich durch die herrschende Lichtsituation. Dabei erinnert Mehretus Malerei an Graffiti, Kalligraphie, Höhlenmalerei.

Die Werke Mehretus reflektieren Erfahrungen und Wahrnehmungen der Künstlerin. Ihre eigene Migrationsgeschichte scheint auf. Im Hintergrund vieler Bilder stehen (zeit)geschichtliche Ereignisse. Zum Beispiel der Sturm auf das Capitol von 2021, der Brexit, die Einwanderung in Deutschland, die Waldbrände in Kalifornien, aber auch der Vietnamkrieg, die Ermordung Martin Luther Kings.

In den Nuller-Jahren des 21. Jahrhunderts schuf Mehretu großformatige Werke, auf denen Topographien und Stadtlandschaften zu erahnen sind, alles mehrfach mit Tusche und Acryl übermalt. Bei genauem Hinsehen zeigen sich Gebäudeaufrisse. Sie sind von Farbflächen und Farbstreifen sowie zarten Linien überdeckt. Die Bilder lassen keine bestimmten Orte erkennen, verweisen aber dennoch auf historische Lokalitäten – zum Beispiel in „Conjured Parts (epigraph) Aleppo'“ von 2016 auf babylonische und ägyptische Säulen mit ihren Schriftzeichen. Die Aufstände des „Arabischen Frühlings“ wirken in den emotionsvollen Strichen und Zeichen des Bildes nach. Die Künstlerin spricht im Zusammenhang von solchen Werken von „Storymaps of no location“ (ortslose Geschichtskarten), denn die Bilder spielen auf Ereignisse an, zeigen jedoch keine konkreten Orte.

Ein Eindruck vom Quellenmaterial, das Mehretu inspiriert und nutzt, ist in der Ausstellung in fünf Vitrinen zu gewinnen. Da sind Plattencover, Buttons von Protestveranstaltungen, Presseausschnitte, Pressefotos, Bilder aus dem kollektiven Gedächtnis der letzten Jahrzehnte. Die Serie der 57 „Archive Pages“ von 1997 gibt dazu Einblicke in die Verwendung der Archivstücke. Mehretu hat darin ursprünglich fotokopierte Bilder mit ihrer Zeichensprache aus Strichen, Punkten und Kreuzen versehen. So zeigt sich, wie diese Archivmaterialien weiterverarbeitet werden. In den Gemälden sind die benutzen Fotos nicht mehr zu erkennen. Die Fotos sind bearbeitet, unscharf gemacht und in vielen Schichten übermalt. Die so entstandenen großformatigen Werke wirken aufgrund ihrer Überarbeitungen mit Linien, Schraffuren und Zeichen äußerst dynamisch

Mehretus Kunst bewegt die Betrachterin und den Betrachter innerlich. Das tut sie aufgrund der angedeuteten Themen, aufgrund der Dynamik der Bildwirkung und auch in der Ausstellung aufgrund einer akustischen Tonspur, die sich über einen Teil des Ausstellungsraumes schiebt. Musik der Jazzmusiker Jason Moran, Floating Points und Pharao Sanders ist zu hören. Literatur und Musik haben ebenfalls Einfluss auf Mehretus Schaffen. Manche ihrer Werke, so wurde einmal angemerkt, spiegeln die Improvisation des Free-Jazz wieder. Das macht: eine mit vielen Sinnen wahrnehmbare Kunst. Sehenswert. Erlebenswert.

Julie Mehretu. Kunstsammlung NRW K21, Ständehausstraße 1, Düsseldorf. Bis zum 12. Oktober.

Dr. Ulrich Erker-Sonnabend

Julie Mehretu vor einem ihrer Bilder | © George Etheredge/K 21

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